Nervenkompression im Kreuzbereich beim Hund

Nervenkompression im Kreuzbereich beim Hund

Die Erkrankung

Dieses Problem ist bei Hunden jeglicher Rassen (meistens aber bei mittelgrossen bis grösseren Rassen) weitverbreitet. Der (lateinische) medizinische Fachausdruck dieser Erkrankung ist Cauda Equina Kompression (in der Folge mit CEK abgekürzt). Übersetzt bedeutet das die „Kompression des Pferdeschwanzes“. Pferdeschwanz deshalb, weil die Endaufzweigung des Rückenmarkes in die abgehenden Nerven entfernte Ähnlichkeit mit einem Pferdeschweif hat.

 

Die Entstehung der Erkrankung

Die CEK wird primär verursacht durch eine Instabilität zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Hierbei spielt eine genetische Veranlagung eine gewisse Rolle. Der Übergang vom Kreuzbein zum letzten Lendenwirbel (7. Lendenwirbel) ist der Ort, an dem die Kraftübertragung von der Hinterhand auf die Wirbelsäule stattfindet. Der aus der Hinterhand resultierende Schub wird hier in Vorwärtsbewegung umgesetzt. Diese Stelle wird deshalb vor allem bei Sprüngen, Klettern etc. aber auch z.B. beim „Beissen“ (bei Arbeitshunden) stark beansprucht. Um die Instabilität zu verringern, reagiert der Organismus mit einer Verstärkung (Verdickung, Verknöcherung) der Bänder zwischen Kreuzbein und dem letzten Lendenwirbel. Ventral (unten) kommt es deshalb dann mit der Zeit sogar zu einer teilweisen (der sog. Spondylose) oder noch später u.U. zu einer vollständigen (der sog. Ankylose) Überbrückung zwischen den beiden Wirbelkörpern. Es kann zudem eine Schädigung der Bandscheibe auftreten, die dazu führen kann, dass ein Vorfall von (zerquetschtem) Bandscheibenmaterial stattfindet (die sog. Discushernie).

Durch die Bandverdickung und ggf. auch durch einen Bandscheibenvorfall wird der Rückenmarkskanal eingeengt. Beim Strecken der Hinterbeine (wie dies bei Sprüngen geschieht) kommt es durch die Steilstellung des Kreuzbeines zu einer weiteren Verengung des Kanals, da das Kreuzbeindach in dieser Stellung dann in den Rückenmarkskanal hineinragt. Dadurch kann ein akuter Schmerz ausgelöst werden. Die betroffenen Hunde vermeiden in der Folge nach Möglichkeit diese Streckstellung. Erste Anzeichen einer CEK sind deshalb fast immer eine Buckelbildung im Kreuzbereich (Beugeschonhaltung) und ein Zögern oder Verweigern bei Sprüngen. Wenn der Hund trotzdem mal springt, kann es dabei auch einmal zu einem kurzen Aufjaulen kommen. Weitere Symptome sind Aufstehschwierigkeiten (dieses Symptom ist jedoch ziemlich unspezifisch und kommt auch bei diversen anderen Problemen (wie z.B. einer Hüftgelenkdysplasie, Kreuzbandproblemen u.a.) vor). Als weiteres (eher seltenes) Problem kann auch ein teilweiser Verlust der Harnabsatzkontrolle auftreten (Harninkontinenz).

 

Die klinische Untersuchung

Auffällig bei an CEK erkrankten Hunden ist wie oben schon erwähnt eine mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Buckelbildung im Kreuzbereich (Schonhaltung). Zudem stellen betroffene Hunde teilweise den Schwanz nicht mehr so wie früher bzw. weisen einen etwas geringeren Schwanztonus auf. Eine richtiggehende Lahmheit ist nicht gerade ein typisches Symptom für eine CEK. Bei einer stark einseitigen Kompression kann es jedoch zu einer Kompression einer Nervenwurzel kommen, die sich dann stark seitenbetont auswirken kann („Schmerzausstrahlung“ in ein Bein, Schwäche dieses Beines). Ein typisches Symptom ist der Streckschmerz im Kreuzbereich (Hinterbeine einzeln und evtl. auch gleichzeitig nach hinten strecken bei gleichzeitigem Gegendruck im Kreuzbereich). Betroffene Hunde winseln bei diesem Test schnell einmal und schnappen dann sogar, wenn man den Druck steigert. Da auch bei einer klinisch manifesten Hüftgelenkdysplasie ein Streckschmerz vorliegt, sollte man sicherstellen, dass der Schmerz nicht von den Hüften kommt. Bei einer Hüftgelenksdysplasie ist aber in der Regel eine einseitig betonte Symptomatik vorhanden. Diagnosestellung: die endgültige Diagnose wird entweder mittels einer Kontrastmittel – Röntgenuntersuchung (Myelogramm) oder mit MRI / CT gestellt. Manchmal kann man die Diagnose auch mit ausreichender Sicherheit mit einem Leerröntgenbild stellen. Diese Fälle sind aber eher selten und es bleibt immer ein gewisser Unsicherheitsfaktor übrig.

 

Therapie

Da eine CEK in aller Regel mit der Zeit progressiv verläuft und Medikamente wegen der fortschreitenden Verengung im Rückenmarkskanal immer weniger gut nützen, müssen die betroffenen Hunde meistens früher oder später operiert werden. Die Operation besteht darin, dass man die komprimierte Stelle „abdeckt“ (Entfernung des darüberliegenden knöchernen Wirbeldaches (sog. dorsale Laminektomie), meist im vorderen Teil des Kreuzbeines) und auf diese Weise die Nerven entlastet.

Da nach einer solchen Operation der „Druck von oben“ auf die Nervenaufzweigung nicht mehr vorhanden ist, verschwinden die Symptome i.d.R. sehr schnell, oft sogar vollständig. Die Operation ist von der technischen Seite her gesehen zwar relativ aufwendig, für den Hund jedoch wenig belastend und auch (im Gegensatz zu ähnlichen Operationen bei Kompressionen „weiter vorne“, im Rückenmarkbereich) nicht risikoreich. Die betroffenen Hunde werden bei uns meistens am Morgen operiert und können immer gleichentags wieder nach Hause.

 

Die Nachbehandlung

Es ist keine sehr intensive Nachbehandlung nötig. Die ersten vier Tage werden dem Hund schmerz- und entzündungshemmende Medikamente (in Tablettenform) verabreicht. Nach etwa 12 Tagen können die Fäden entfernt werden.

Es ist nötig, den Hund die ersten 3 Wochen nach der Operation strikt zu schonen. Anschliessend kann mit einer langsamen Bewegungssteigerung begonnen werden. Grössere Belastungen sollte aber bis etwa sechs Wochen nach der Operation vermieden werden. Etwa zwei Monate nach der Operation kann der Hund dann meist praktisch wieder normal eingesetzt werden.

Bei sehr ausgedehnten Kompressionen, bei denen neben dem vorderen Kreuzbeinanteil auch noch der letzte Lendenwirbel abgedeckt werden muss, ist (vor allem anfänglich) eine längere Schonzeit nötig. Diese Hunde sollten dann auch nach der Abheilphase nicht mehr allzu stark belastet werden.

 

Komplikationen

In der Hauptsache sind zwei Komplikationen möglich:

  1. Da es im Operationsgebiet sehr viel lockere Haut und Unterhaut hat, ist es (eher selten) möglich, dass es zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Wundwasseransammlung unter der Haut kommen kann. Der Heilverlaufs wird dadurch zwar etwas verzögert, da es evtl. nötig sein kann, das Wundwasser ein- bis mehrere Male abzusaugen oder gar kurze Zeit eine Drainage einzulegen. Die Erfolgschancen der Operation werden dadurch jedoch nicht beeinflusst.
  2. Manchmal ist der Erfolg der Operation nicht ganz 100% ig und es bleiben gewisse Beschwerden zurück. Meist ist es jedoch auch in diesen Fällen so, dass zumindest eine kontinuierliche Zunahme der Beschwerden, wie dies ohne operatives Vorgehen der Fall wäre, verhindert werden kann.